1989-1992 Die Wende – Firmenaufstieg

Hochzeit 1989

ich war schon bei dem ersten meilenstein am weg zum ende des real existierenden sozialismus in polen dabei, zumindest sporadisch. die endgültige politische wende konnte ich als in polen ansässiger miterleben. die politische wende in polen und den anderen comecon-ländern war auch eine wende in meinem leben.1987 lernte ich meine spätere vierte frau kennen, 1989 haben wir geheiratet und sind es heute noch. war das schon wende genug, bot sich dann die einmalige gelegenheit eine zukunftträchtige firma aufzubauen.

wie im vorigen kapitel geschildert habe ich einen wiener werkzeugmaschinenhändler in meinem verkaufgebiet (h, cssr, ddr, pl) auf provisionsbasis vertreten. dann habe ich mich auf ungarn und polen konzentriert und begann in beiden ländern eine vertriebsorganisation aufzubauen. in ungarn engagierte ich zunächst einen außendienstmitarbeiter, der für mich kunden aquirieren sollte. in polen gründete ich mit meiner frau eine zp. z o.o. (eine ges.m.b.h) was ihr als inländerin möglich war.

nach kurzer zeit war die zweigleisigkeit nicht mehr tragbar und ich beschloß mich nur mehr auf polen zu konzentrieren. einerseits war ich privat durch meine heirat nach polen verbunden, andererseits war es auch der wesentlich größere markt. zusätzlich wollte der wiener händler ungarn wieder direkt selbst bearbeiten und nachdem er mir eine großzügige ablöse angeboten hat, war die entscheidung einfach. fortan war ich in polen ansässig und arbeitete nur mehr dort.

Büro mit Bobby – Nowa Iwiczna 1991

was eine vertriebsfirma am dringendsten braucht sind produkte die es vertreiben kann. durch meine agententätigkeit hatte ich bereits kontakt zu einigen namhaften herstellern hochtechnischer und entsprechend teurer werkzeugmaschinen. alles hi-tec, cnc vom feinsten. im laufe der zeit vertrieben wir fräsmaschinen von hermle, brother und hurco, drehmaschinen von okuma, harrison, erodiermaschinen von fanuc, hitachi. das sind alles hersteller von maschinen der absoluten spitzenklasse. hermle z.b. ist ein legendärer fräsmaschinenhersteller, okuma der zweitgrößte werkzeugmaschinen- hersteller der welt, fanuc die bekannteste firma am sektor elektronische steuerungen, brother und hitachi kennt sowiso jeder.

die meisten dieser firmen waren schon vor der wende in polen tätig, aber eben durch ihren eigenen vertriebsorganisation, ohne einen vertreter vor ort. natürlich gab es in polen zu dieser zeit keine werkzeugmaschinenhändler, oder importeure. es gab auch praktisch niemanden, der auch nur eine ahnung von marketing, vertrieb, werbung, service und was es da sonst noch an werkzeugen gibt, die sich jeder der im westen was verkaufen will, selbstverständlich bedient.

ich hatte von all dem ein wenig ahnung, hatte mich mit den produkten doch schon einige zeit beschäftigt, da war ich dann eben der einäugige könig unter den blinden. es gelang mir relativ leicht die westlichen hersteller von meinen qualitäten und den perspektiven des polnischen marktes zu überzeugen und so konnte ich bald schon eine ganze reihe von weltklasse firmen vertreten.

Vorführraum

in einem westlichen land hätte ich nicht die geringste chance gehabt auch nur eine drittklassige firma zu vertreten. erstens hatte jede halbwegs etablierte firma bereits seit jahrzehnten vertretungen in allen westlichen ländern und zweitens war da die frage der finanzierung, die in jedem westlichen land für einen nebuchanten wie mich, eine unüberbrückbare hürde gewesen wäre.

da gings ja um ganz schöne summen, die billigste maschine in unserem programm kostete so um die 30.000 dollar, es waren aber auch projekte mit ein paar maschinen im wert von ein paar millionen möglich. und klarerweise erwartete ein kunde in wien, daß er vom lieferant ein paar monate zahlungsziel (=kredit) bekam. selbst mußte der händler üblicherweise im voraus, bzw. gegen akkreditiv blechen. etablierte händler hatten vielleicht auch beim lieferanten kredit, aber du siehst schon wo da mein problem gelegen wäre.

mir gings zwar jetzt nicht so schlecht, ich hatte ein paar provisionen kassiert und die kosten in polen waren niedrig. aber kredite? meine banker in wien hätten sich totgelacht, wenn ich sie auch nur um ein paar tausender angeschnorrt hätte und in polen war sowieso für ein privatunternehmen kein wie immer gearteter kredit zu bekommen. da hast dein konto nicht einmal um hundert dollar überziehen dürfen.

Mitarbeiter bei Weihnachtfeier 1992

glücklicherweise waren aber alle kunden in polen daran gewöhnt, daß sie im voraus zahlen mußten. auch während der planwirtschaft mußte der endkunde erst das geld haben, bevor er etwas über die aussenhandelsfirmen bestellen konnte. also war auch die finanzierung problemlos. der kunde bestellte eine maschine und eröffnete ein akkreditiv zu unseren gunsten, wir bestellten bei unserem lieferanten und gaben einen teil des akkreditives an diesen weiter. unsere kunden waren fast alles große fabriken, da war dann fast immer eine bank, die das akkreditiv garantierte und die von unserer bank akzeptiert wurde. glücklicherweise hatte die creditanstalt aus wien bald eine filiale in warschau, so daß wir mit den abwicklungen kaum probleme hatten.

also das erste problem konnte ich hervorragend lösen,unser vertriebsprogramm war absolute spitze, das zweite große problem der finanzierung war auch gelöst, die weiteren waren eigentlich kleinigkeiten.

da war natürlich auch qualifiziertes personal notwendig, schon wegen meiner mangelnden polnischkenntnisse. na gut verkauft habe ich ein paar maschinen nur mit meiner frau als dolmetscherin, aber nach dem verkauf kommt die lieferung und installation. und da begannen für mich schon die unlösbaren probleme. also mußte fachkundiges personal her, was wiederum überhaupt kein problem war.

Mei Lieblingshund Luka

innerhalb kurzer zeit hatten wir neun magister der technik (dipl.ing.) engagiert. vier davon waren im verkaufsaussendienst eingesetzt, die anderen waren im innendienst für die technik verantwortlich. im jahr 1992 hatten wir insgesamt schon 17 mitarbeiter.

eine werkzeugmaschine die ein paar hunderttausend dollar kostet verkauft man nicht vom prospekt. da mußte man in vielen fällen die damit geplante fertigung analysieren und komplette lösungsvorschläge anbieten. oft wollte der kunde die maschine auch arbeiten sehen. dazu mußten wir einige maschinen im haus haben, was weitere probleme ergab. einerseits brauchten wir platz dafür. da aber auch unsere mitarbeiter irgendwo sitzen wollten, mußten wir sowieso ein büro mieten und dann ists halt gleich ein haus mit einer angeschlossenen halle (~100qm)in einem vorort von warschau geworden und da wir privat auch wo hausen mußten sinds halt gleich zwei häuser geworden. die kosten waren damls auch noch nicht so schlimm und wir haben ja die ersten jahre ganz gut verkauft.

vorführmaschinen herzubekommen, war schon ein bissl schwieriger, weil kaufen, kannst dir vorstellen, war natürlich nicht drinnen. so haben wir dann nach einigem gut zureden ein fräsbearbeitungszentrum und eine funkenerosionsmaschine von hurco und eine drahterodiermaschine von hitachi da stehen. sind auch manchmal wirklich kunden gekommen und haben sich was von unseren spezialisten zeigen lassen.

Messe Poznan 1992

ansonsten haben wir kunden eingeladen zu unseren lieferanten, oder kunden in deutschland, oder österreich zur vorführung zu kommen, was die oft auch gerne annahmen, weil eine auslandsreise auf firmen- oder lieferantenkosten war immer noch recht attraktiv.

fixpunkt war dann natürlich auch die jährliche messe in poznan, wo wir 1991 und 1992 mit einem eigenen stand teilnahmen.

diese beiden messen waren die höhepunkte unserer firmenlaufbahn. wir hatten einen stand von 120 qm fläche, sechs laufende werkzeugmaschinen, 15 personen eigenes personal und ein paar leute noch von lieferanten. und besucher in unmengen. oft waren mehrere kunden an einem mitarbeiter dran, das ging von frü bis abend ohne unterbrechnung. nach der messe 1992 hatten wir exakt 437 besuchsberichte zu sichten. das waren 437 angebote, die an kunden rausgingen. unsere vier außendienstler stüzten sich auf die kunden um alle diese angebote auch entsprechend nachzuarbeiten.

statt, daß wir dann den großen aufschwung erlebten, gings von nun an steil bergab, aber das ist eine andere geschichte.

wien, frühjahr 2005

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