1992-1999 Kurzer Niedergang, langes Wurschteln

Kundengespräche bei der Messe Poznan

wie gesagt, die messe in poznan 1992 war ein hammer: massen von besuchern, unmengen von konkreten anfragen, unzählige versprechungen von bald fälligen aufträgen. verkäuferherz was willst du mehr?ich bin natürlich ein optimist, aber  auch ein pessimist hätte in dieser situation nicht klagen können. nun ist die messe in poznan mitte juni, also für investitionsgüter ein denkbar blöder termin. so bis ende juni waren die ganzen angebote draussen, juli, august rechnest sowieso nicht mit ernsthaften aktivitäten. also dann halt im september, oktober. immer noch hörst von den kunden ständig „ja, im herbst kaufen wir“, „wir haben aufträge, wir brauchen maschinen“, „ja geld ist auch da, die xyz-bank hat unsere kredite schon genehmigt“, etc.

so im november, dezember wurde dann immer klarer, daß es dieses jahr keine aufträge mehr bekommen würden.

warum das alles? du erinnerst dich, im jahr 1991 hat die sowjetunion aufgehört zu existieren und mit ihr auch die ganzen fünf- und zehnjahresverträge, die den meisten unserer kunden aufträge garantierten, die sie zum überleben brauchte. praktisch über nacht hatten unsere kunden den großteil ihrer kunden verloren. das könnte auch eine etablierte westliche firma ins wanken bringen.

Distributormeeting Nagoya 1995

für die polnische industrie war das aber doppelt schwer, weil die waren die sie herstellte waren schlicht ein mist, die auf dem internationalen markt keine chancen hatte zu bestehen. die russischen kunden, die jetzt die wahl hatten, haben sich am internationalen markt umgeschaut und sich dann für produkte entschieden, die sich neben westlicher qualität duch östliche preise auszeichnetne. produkte aus ländern wie taiwan, südkorea, thailand, indien, um nur ein paar zu nennen.

na da waren unsere polnischne freunde aber schnell weg vom fenster. das alles kam dann mit einer gewissen verzögerung in der zweiten hälfte 1992 zum tragen. natürlich versuchten die polen alles um aus der misere zu kommen, projekte, zusammenarbeiten mit westlichen firmen gab es jede menge, aber die westlichen investoren sind ja auch keine reinen menschenfreunde, die was zu verschenken hatten und ausserdem war auch im westen zu diser zeit nicht gerade hochkonjunktur. und natürlich braucht das alles zeit. wennst einmal in einer polnischen fabrik gewesen wärst, wie ich oft, dann würdst dich wundern, daß da überhaupt wer sein geld reinstecken wollte.

in den beiden vergangenen jahren hatten wir gut verkauft und rechneten, daß sich dies mit steigender tendenz fortsetzen würde. ende des jahres hatten wir aber gerade 3 maschinen verkauft, das war viel zu wenig um 17 mitarbeiter zu erhalten, also gesundschrumpfen. leichter gesagt, als getan. die meisten mitarbeiter hatten mindestens drei monate kündigungszeit und bis wir realisierten, daß nix mehr geht, wars dezember.

harte zeiten, katastrophaler stress, eigentlich zeit zum aufhören. kapitalrücklagen, oder überbrückungskredite, oder was man sonst im westen für solche krisen hätt, euer gnaden belieben zu scherzen. das geld das wir verdient hatten, war längst in gehälter und mieten gegangen. aber da war doch noch hoffnung und polen ein riesiger markt. was da damals allein für ein theater um daewoo gemacht wurde, die ein paar autofabriken gekauft hatte und milliarden zu investieren versprach, alles heisse luft und ein paar jahre später war daewoo selbst ein sanierungsfall. trotzdem blieben genug projekte, die uns bewogen haben weiterzumachen.

Bill Clinton ist 1996 Präsident der USA

irgendwie haben wirs dann doch geschafft und ein paar monate später hatten wir halt nur mehr fünf mitarbeiter, auch räumlich hatten wir uns verkleinert. das konnten wir mit den zwei bis drei maschinen die wir nun jährlich verkauften gerade noch finanzieren. aber es war nimmer lustig, ein ewiges würgen und zittern. aber da war doch noch diese hoffnung. da waren immer mehr westliche firmen und irgendwann mußte der große boom doch kommen und dann wollten wir dabei sein!

so wurschtelten wir ein paar jahre weiter, bis dann das jahr 1999 kam, das bisher schwärzeste jahr meines lebens. aber das ist eine andere geschichte.

wien, frühjahr 2005

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